Stanislaus von Politisch Unpolitisches hat schon eine treffende und ausführliche Zusammenfassung der gestrigen Ausgabe des SWR-Nachtcafés mit Wieland Backes gebracht.
Ich will mich trotzdem mal auch kurz den insgesamt neun Gästen widmen. Von den ersten zweien, der Ministrantin und dem Komponisten an der Bar, hatte ich ja schon geschrieben. Der junge Komponist des Mottoliedes "Wo Gott ist, da ist Zukunft" (ich frage mich immer noch wie 100.000 Leute das "Zu- u - kunft" hinbringen sollen, bissel viel Jazz, bissel einfallslos) kam ja eigentlich ganz symphatisch rüber, auch die Ministrantin brachte zunächst nichts, was unerwartet gewesen wäre. Das mit ihr die Sexualmoral der Kirche diskutiert werden würde war ebenso klar, wie ihre Antwort darauf. Erstaunt war ich nur über ihre zwei Aussagen, sie ginge erstens nur dann zur Kirche, wenn sie als Ministrantin Dienst hätte (haben wir keine besseren Vorbilder für Ministranten beim Papstbesuch?) und zweitens sogleich forderte, es sei Zeit an der Rolle der Frau etwas zu ändern, einschließlich Frauenpriestertum. Ich glaube, wörtlich sprach sie von "größere Ämter". Das Gespräch blieb dennoch in der Luft, da es in der anschließenden Runde überhaupt nicht mehr theamtisiert wurde. Stanislaus spekulierte ja schon über die Gründe.
Jetzt aber zu den Gästen, dreimal pro Papst, dreimal contra Papst (einschließlich Kirche und Lehramt natürlich) und dazu ein Münchner Pfarrer, der wohl so was wie das "Mittelding" darstellen sollte, aber dennoch eindeutige Tendenzen hatte.
Alan Posener, bekennender Atheist, Buchautor ("Der gefährliche Papst"): sehr eloquent und charmant, dennoch nur mit den altbekannten Thesen. Widersprach sich zwischendurch selbst. Insgesamt ein Auftritt, der spritzig begann, dann aber immer leiser und schwächer wurde.
David Berger, Theologe, jetzt ohne Lehrerlaubnis: bei ihm ging es mehr um seine persönliche Geschichte, wollte anhand persönlicher Erlebnisse den Hass auf den "heiligen Schein" schüren. Aber auch nix Neues von ihm (auch nicht im Interview mit Deutschlandradio Kultur Interview mit Deutschlandradio Kultur heute morgen). Das, was ich von ihm erwartet hatte. Ich finde es mittlerweile echt langweilig, wenn er eingeladen wird in Talkshows. Neues kommt da nicht.
Christiane Gierse, Erzieherin aus dem Sauerland: sie kam so gut wie gar nicht vor in der Sendung, die ja hauptsächlich von den Männern dominiert wurde. Erzählte ihre Geschichte, brachte den Bischof dazu, sich kurz im kirchlichen Arbeitsrecht zu verheddern, ansonsten unsichtbar in der Runde.
Sabine Beschmann, Deutschland pro Papa: fast ähnlich unsichtbar. Wenn sie zu Wort kam, war sie allerdings auf dem Punkt, insbesondere mit ihrer Erklärung zum Verhältnis der Schöpfung und der Homosexualität.
Peter Seewald, Journalist und Buchautor, der Mann, der das Interviewbuch mit dem Papst gemacht hat: sehr lebendig, wurde immer dann gefragt, wenn die "Pro"-Seite dran war und nicht der Bischof antworten sollte. Hat sich gut verkauft und Einblicke aus dem Entstehungsprozess des Interviewbuches gegeben. Hat mir sehr gut gefallen.
Bischof Stefan Ackermann, Bischof von Trier: bester Diskutant der Runde. Sehr redegewandt, bestens auf alle (zu erwartenden) Angriffe vorbereitet. Schlagfertige Antworten auch was die Aussagen von Posener und Berger betrifft. Hat die Kirche würdig vertreten. Wenn nur alle Bischöfe so gut mit Medien umgehen könnten.
Und jetzt noch zur Couch in der Mitte:
Pfarrer Rainer Maria Schießler, Pfarrer von St. Max in München: komischer Auftritt, zeigte sich immer sehr weltgewandt und berichtet von jungen Homosexuellen, die sich bei ihm outen, von "Transen, die bei mir in der Messe sitzen", was er als großes Vertrauen empfindet und regte sich leidenschaftlich über den Ostersonntag 2010 auf, als Kardinaldekan Sodano den Papst mit einer Ansprache begrüßte und vom "Geschwätz" sprach. Pfarrer Schießler bezog das auf die Missbrauchsfälle in Deutschland, ich meine aber doch, dass es um die Demos in Italien ging (irre ich?). Er beklagte auch das fehlende Wort Benedikts an die Deutschen. Was denkt der denn? Wie viele Katholiken gibt es auf der Welt und in Deutschland? Rechtfertigt das ein Wort in der Osterbotschaft? Ich denke doch nicht, der Papst ist vor allem für die Weltkirche zuständig. Sehr befremdlich auch der Einspieler mit dem heute beginnenden Oktoberfest, bei dem der Pfarrer als Wies'n-Kellner Maßkrüge verkauft. Von seinem Rosenkranz am Portemonnaie zu berichten und seine Kellernmarke zu zeigen, war nur Personenkult und hatte nichts mit dem Papstbesuch zu tun. Musste der noch symphatisch gemacht werden oder warum gab es den Sonderauftritt?
Moderator Wieland Backes: auch sein Auftritt war irgendwie merkwürdig, er versuchte zwar alle Anwesenden "kritisch" zu befragen, dennoch hatte ich die ganze Zeit den Eindruck, er fragt "tendenziös", in dem er Berger und Posener zum Teil die Worte in den Mund legte und den Bischof und Peter Seewald härter rangenommen hat.
Eine denkwürdige Runde, die aber nicht viel Neues brachte (war ja auch nicht anders zu erwarten).
Eine lesenswerte Zusammenfassung bietet übrigens auch kath.net.
Du irrst, fürchte ich. Es ging tatsächlich um die Missbrauchsfälle (genauer: die Berichterstattung darüber), allerdings ist die dt. Übersetzung "Geschwätz" nicht ganz korrekt. Müsste sich auf Elsas Blog was dazu finden lassen.
AntwortenLöschenErrare humanum est. Das kann natürlich sein, ich glaubte mich einfach an etwas anderes erinnern zu können.
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