Freitag, 7. Februar 2014

Sotschi und die Frage des Boykotts

Die Medien sind voll davon. Sotschi 2014 als Ausgeburt des Bösen. Und leider: es ist eine Menge dran. Ausgebeutete Arbeiter, nahezu moderne Sklaverei, Umweltschäden, enteignete und verstoßene Bewohner, putinscher Gigantismus, Korruption, politische Machtdemonstrationen, dazu die Debatte um undemokratische und diskriminierende Zustände in Russland, Angst vor Terror, von der Dopingfrage ganz zu schweigen. Kurz: so soll Olympia nicht sein. Definitiv nicht! Olympia der Zukunft muss anders werden, um nicht die Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Politiker vieler Länder kommen nicht nach Sotschi, andere rufen zum Boykott auf. Ich finde, dass ist dennoch der falsche Weg. Wir wollen ein modernes, ein demokratisches, ein offenes, sauberes Olympia. Spiele, die sich an an die eigene olympische Charta in vollem Umfang halten. Spiele, die zu dem wieder werden, was die olympische Bewegung ausmacht: die versammelte "Jugend der Welt", ein Friedenszeichen für die ganze Welt, das größte Sportereignis schlechthin.

Sotschi scheint ein Rückfall zu sein in dunkle olympische Zeiten. Die nationalsozialistische Propaganda hatte 1936 die Spiele von Berlin missbraucht, die Boykott-Spiele 1980 in Moskau und 1984 in Los Angeles, aber auch in der jüngeren Vergangenheit gibt es Beispiele für negative Auswirkungen, nicht zuletzt wenn man an den Pekingschen Gigantismus denkt.

Dabei gibt es so viele ermutigende Beispiele. London 2012: freundliche, weltoffene Spiele in einer großen Metropole. Sydney 2000: sympathische Spiele, die auch die Ureinwohner mit einbezogen haben. Lillehammer 1994: kleine, "gemütliche", urtümliche Winterspiele in Norwegen.
Was hat Olympia nicht schon alles erreicht: Waffenstillstände in Kriegsgebieten für die Zeit der Spiele, politische Zeichen wie ein gemeinsames koreanisches Team u.v.m.

Das ganze Desaster fängt schon mit der Vergabe der Spiele an. Korruption im IOC, kein Auge für die nachhaltige und weltoffene Spiele. Es regiert Geld, Macht und Politik. Hier müsste schon ein Umdenken beginnen. Zustände wie in Sotschi dürfen sich nicht wiederholen. Warum müssen die Spiele in eine subtropische Stadt? Klar, auch Russland kann sich ein neues, modernes Wintersportzentrum leisten, darf es haben, aber doch nicht so!

Ein Boykott ist aber dennoch nicht der richtige Weg. Olympia ist und bleibt ein riesiges Event. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen dran, Sportler aus aller Welt haben sich vier Jahre auf diese Tage vorbereitet, politische Kraft geht nach wie vor von den Spielen aus. Es ist daher nur sinnvoll, sich mit kritischem Blick aber dennoch aufmerksam mit diesen Spielen zu beschäftigen. Nicht nur die Sportler haben es verdient.


Also schauen wir hin nach Sotschi, begleiten wir die Spiele kritisch, aber rufen wir auch das IOC dazu auf, die Strukturen zu verbessern, dass Olympia wieder zu dem großen, mutmachenden, Frieden stiftenden Ereignis werden kann.

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