Samstag, 7. September 2013

Liturgie hautnah: Strandgottesdienst

Welch herrliche Möglichkeit die Urlaubstage am Wasser mit einem schönen Strandgottesdienst zu verbinden. Dachte ich! Aber von Beginn an. Los ging es morgens um 7 Uhr mit einer Prozession von der Kirche zum Strand, dort wurde neben einem meditativen Text schließlich das Evangelium verkündet, in dem wir in recht freier Übersetzung davon hören, wie Jesus nach seiner Auferstehung am See den Jüngern erscheint, die zunächst nichts, später dann im Überfluss gefischt haben. Dazu ein passendes Lied, nämlich zur Melodie von GL 223 "Wir wollen alle fröhlich sein" Strophen, die die Textstelle wiedergaben. Soweit, so stimmungsvoll.



Danach ging es zurück in die Kirche. Ich dachte, dann wirds wohl gleich im Anschluss die Messe geben und das war nur eine Art maritimer Auftakt. Ich dachte!
Kaum in Stille in die erleuchtete Kirche eingezogen, suchte ich ein Gotteslob. Am Gebetbuchständer wies mich ein Schild mit der Aufschrift: "Zum Singen werde ich nicht gebraucht. Alle Lieder werden an die Wand projiziert." darauf hingewiesen, dass ich erneut irrte. Schließlich wurde das Licht gelöscht und der Pfarrer kam schnellen Schrittes jetzt in Albe und Stola zurück, nahm auf einem kleinen Hocker am Ambo Platz, um die richtige Overheadfolie auf den Projektor zu legen und mit der Fernbedienung Musik per CD-Player zu starten. Wir sahen ein Foto eines Ausschnitts aus der Fensterwand, den segnenden Jesus mit einem Fisch in der Hand. Dazu erklang Musik aus dem Osteroratorium von Bach. Kaum war das vorbei, wurde flugs die Folie gewechselt, ein Lied an die Wand geworfen, der Pfarrer eilte zum E-Piano, um mit schmalzigen Gitarren-Klängen das Lied einzuleiten, dass dann von ihm jetzt im Klaviersound und einer Violinisten begleitet wurde. Ich dachte: "Okay, noch ein Einstieg mehr, aber dann geht's wohl los!" Ja, das ging es auch, nämlich mit der Gabenbereitung. Das bisherige war also der Wortgottesdienst.


Nach der Bereitung der Gaben auf dem Altar, ging der Pfarrer wieder auf seinen Hocker zum Ambo, warf das Sanctus-Lied (zur Melodie des Taizé-Halleluja) an die Wand und weil der Weg so schön kurz war, gab es die Präfation dann eben vom Ambo. Dann wieder rüber auf die Seite ans Klavier. 
Nach dem Sanctus wurde die Violinistin, die jetzt eine Oberstimme sang, mit Handschlag verabschiedet und sie verließ die Kirche. Es folgte ein improvisiertes Hochgebet, dass alle paar Zeilen von einem an die Wand geworfenen Kehrvers zum Thema des Evangeliums unterbrochen wurde. Nach dem Wohlfühl-Vater Unser (wir nehmen uns quer durch die Kirche an der Hand) wurde schließlich zum Agnus Dei noch einmal der Kehrvers gesungen. Nach der Kommunionausteilung entfiel dann das Schlussgebet. Stattdessen nahm der Pfarrer noch einmal auf seinem Hocker am Ambo Platz, legte das Bild vom Beginn wieder auf und startete per CD noch einmal etwas aus dem Osteroratorium. Kaum war das verklungen, sprang er auf, erteilte vom Ambo den Segen und verließ schnellen Schrittes und still die Kirche.

Beim Rausgehen habe ich übrigens an der Tür in der "Vertrauensbibliothek" der Kirche - "wir vertrauen, dass Du das Buch zurückbringst" noch den evangelischen Katechismus gefunden. Kann ja Zufall sein...

Und nun dürfen Sie und Ihr entscheiden? Etwas verpasst? Nächste Woche gleich hin, um das selbst mal zu erleben?

3 Kommentare:

  1. Das ist doch hoffentlich nur eine grenzenlos übertriebene Satire?!?

    AntwortenLöschen